Montag, 11. August 2008
Neuromythos: "Mandalamalen schult das Gehirn"
Mit dieser verheißungsvollen Botschaft lädt eine Yogalehrerin und Kunsttherapeutin zu einem "Mandalamalkurs", kombiniert mit Yoga und meditativen Übungen, ein.
Wissenschaft oder Neurohype? Was ist dran an der Behauptung, man könne mit Mandalamalen die "Gehirnhälften in Einklang" bringen:
Bildquelle Pixelio:(c) Hamfel
Die Annahme einer sauber getrennten Arbeitsweise unserer beiden Hirnhälften und die angeblich daraus resultierende Notwendigkeit einer "Verbindung" mit allerlei obskuren Methoden..........
lesen Sie weiter im AHMAZ-Blog:
Mittwoch, 6. August 2008
Traumatisierung und Wachkoma
Wachkoma-Patienten aus beziehungsmedizinischer Sicht
Vortrag von PD Dr. Andreas Zieger zur Situation von Wachkoma-Patienten. Er stellt dort die Frage, ob Wachkoma-Patienten unter Traumatisierungen und Schmerzen leiden und welche Ursachen und Folgen dahinter stecken:
PDF-Datei: Wachkoma-Patienten aus beziehungsmedizinischer Sicht
Dienstag, 15. Juli 2008
Sendehinweis: Wiederholung zu "Gehirn auf der Couch"
Weitere Infos dazu siehe auch mein Blogbeitrag vom 25. April 2008:
Sendung 3Sat "Scobel": Das Gehirn auf der Couch vom 24.04.2008
Donnerstag, 5. Juni 2008
10% Mythos und seine "Vermehrungshelfer" - Die wundersame Verbreitung von Lernmythen...
Offenbar können nicht nur Zauberer ihr Publikum täuschen , sondern auch Verfasser von Büchern, Zeitschriftenartikel etc. Die Science Community funktioniert nach eigenen Regeln und wer in einer Fachzeitschrift publiziert hat, findet - unabhängig von der Qualität der Publikation - Eingang in andere Quellen. Eine Publikation scheint irgendwie "wissenschaftliche" Autorität zu verleihen.......
Bildquelle Pixelio: (c) tommyS
An dieser Stelle geht es um einen Mythos, welcher immer wieder in populärwissenschaftlichen Quellen und wie in diesem Beispiel als "pseudowissenschaftlicher" Aufsatz erscheint. Es geht um das Ganzheitliche Lernen und es geht um die Möglichkeiten der Einflussnahme durch Erzieher und Lehrer, mit Bezugnahme auf "aktuelle" Ergebnisse aus der Hirnforschung.
Das Eine sind die Vorschläge und das Andere, wie in diesem Fall, die verwaschene und auch falsche Theorie:
Zitat aus "Warum ist ganzheitliches Lernen wichtig?" von Charmaine Liebertz:Der Text lässt sich an verschiedenen Stellen abrufen:
"Im Folgenden werden Erkenntnisse der Neurobiologie erläutert, die das Gehirn nicht nur als die Zentrale des Denkens, sondern aller Steuerungsprozesse des Menschen einstufen. Daraus werden Forderungen an die Förderung von Lernprozessen bei Kindern gestellt. ...[...]....Ob wir ein Lied singen oder unser Auto steuern, jedes Mal findet in unserem Hirn ein Kommunikationsfeuerwerk zwischen Millionen von Neuronen und multiplen Intelligenzen, zwischen Sinnesorganen, Bewegungsapparat und Gefühlen statt. Gehirnforscher schätzen, dass der Durchschnittsmensch nur etwa 10 % der Gesamtkapazität seines Gehirns nutzt."(Hervorhebungen von mir)
- Kindergartenpädagogik.de: Aus: WWD 2001, Ausgabe 75, S. 12-13 Warum ist ganzheitliches Lernen wichtig?
- Netschool.de: Warum ist ganzheitliches Lernen wichtig?
- Deutsche Bildungsserver: Warum ist ganzheitliches Lernen wichtig?
- Erschienen ist dieser Text im Wehrfritz Wissenschaftlichen Dienst (2001), ein monatlich erscheinender Pädagogischer Ratgeber, welcher zwischenzeitlich ausschließlich im Internet veröffentlicht wird.
- Und diese Abschlussarbeit (PDF) bezieht sich u.a. auch auf diesen Aufsatz (siehe Literaturliste im Anhang).
Es gibt nicht ein einziger Neurowissenschaftler, welcher behauptet, dass der Mensch nur 10% seiner Gehirnkapazität nutze.
Im Gegenteil: Spätestens seit Bestehen der bildgebenden Verfahren ist bekannt, dass das Gehirn ständig in Aktion ist und keine Rede davon sein kann, dass wir nur 10% unseres Gehirnes "benutzen". Im Gegenteil, wie sich z.B.in der Taxifahrerstudie herausgestellt hat, kann unser Gehirn durchaus auch an seine "Grenzen" stossen....Beeindruckende Fähigkeiten gehen auf Kosten des Erwerbs neuer Fähigkeiten
So finden völlig irrationale, unbelegte Behauptungen ihre ungehinderte Verbreitung - unterstützt von Medien - welche jenen Aufsatz erst verlegt haben. Alle genannten Adressen scheinen sich über die 10%-Nutzung des Gehirns nicht gewundert zu haben. Neurowissenschaftliches Wissen scheint - zumindest in Kreisen - welche sich mit Erziehung, Schule und Bildung im Allgemeinen befassen, wenig fundiert zu sein. Dennoch werden immer wieder abenteuerliche Mutmaßungen als "Beleg" für eigene Vorstellungen vom besten Weg des Lernens herangezogen......
So werden Lernmythen geboren, welche nie einer wissenschaftlichen Quelle entsprungen sind, aber über vermeintlich angesehene Verfasser "hoffähig" gemacht werden.
Die Autorin betreibt ein Lerninstitut zum Ganzheitlichen Lernen. Bedauerlich ist, dass auf diesem Wege solches Fehlwissen sich auch noch zukünftig ungestört weiter verbreiten kann......
P.S.: Ich bitte zu beachten, dass sich dieser Beitrag nur auf die verfälschte Berichterstattung zur Hirnforschung im genannten Aufsatz von Frau Liebertz bezieht und keine Qualitätsaussage über andere Inhalte getroffen wird. Denn diese sind mir nicht bekannt.
Sonntag, 18. Mai 2008
Wahrnehmung und was unser menschliches Gehirn nicht wahrnimmt
Können Sie im Dunkeln sehen? Ja, richtig: Wir sehen wenig bis gar nichts....
Haben Sie sich schon einmal überlegt, was unseren Sinnen bzw. unserer Wahrnehmung in der Nacht alles entgeht?
Können Sie aus 150m Entfernung eine Maus sehen? Nein, auch das können wir nicht. .....Wie sähe die Welt um uns herum aus, wenn wir dies könnten? Oh ja, ich gebe Ihnen Recht: das lässt sich ganz schwer vorstellen; allerdings wäre diese Fähigkeit wohl ganz nützlich.
Tierische Sehorgane:
Bildquelle Pixelio: (c) Marika (bearbeitet)
Die Fledermaus "sieht" über Schallwellen in sehr hoher Frequenz: "Das besondere Orientierungssystem der Fledermäuse wird als Echoortung bezeichnet. Damit können sie auch bei stockfinsterer Nacht ihre "Opfer" lokalisieren. Sie machen sich ein genaues "Hörbild" von ihrer Umgebung." weiter bei Planet Wissen: FLEDERMÄUSE
Der Wanderfalke besitzt z.B. die Fähigkeit aus 100m Höhe ein 1,2 cm großes Objekt zu erkennen. Mehr hier: Neuropädagogik - Wahrnehmung II
Das menschliche Hörorgan:
Können Sie das leise Pfeifen eines Asthmatikers hören? Nein, auch das geht nicht....
Und wie sieht es mit den Lauten der Elefanten aus? Elefanten unterhalten sich nämlich im tiefen Infraschallbereich...Nein, auch das können wir nicht....
Wie würden wir unsere Mitmenschen wahrnehmen, wenn wir weitere Geräusche hören könnten? Könnten wir vielleicht sogar - wie dies manche geschulte Tiere können - epileptische Anfälle vorhersagen? Wäre dann unsere soziale Empathiefähigkeit viel größer als jetzt? Wie stünde es dann um unsere "Spiegelneuronen".....
Das tierische Hörorgan:
Hunde und viele andere Tiere können sehr hohe Frequenzen wahrnehmen, so eben auch die leisen Pfeiftöne eines Asthmatikers, welche durch die verschleimten Bronchien entstehen....
Elefanten unterhalten sich und hören in einem äußerst tiefen, für den Menschen nicht mehr wahrnehmbaren Infraschallbereich: (Bildquelle Pixelio: (c) Ulla Trampert)
"Elefanten können vertraute und fremde Artgenossen anhand bestimmter Schwingungen unterscheiden. Diese erzeugen die mächtigen Säuger mit ihren Rüsseln am Boden. Die Frequenz ist für Menschen nicht hörbar.Elefanten nutzen eine bislang wenig untersuchte Technik, um sich gegenseitig vor Gefahren zu warnen - auch über größere Distanzen. Dabei benutzen sie ihren Rüssel, um Töne im Infraschallbereich zu erzeugen, die sowohl über die Luft als auch durch den Boden übertragen werden. Die Frequenz liegt unterhalb des für den Menschen hörbaren Bereichs. Wahrnehmen können die Tiere die durch den Boden übertragenen Schallwellen mit besonderen Zellen in ihren Beinen und Rüsseln. Schon früher hatten Wissenschaftler beobachtet, dass Elefanten über solche Infraschalltöne kommunizieren können."
weiter im Spiegel online: Elefanten warnen sich per Infraschall
Das menschliche Riechorgan:
Können Sie die Spur eines Menschen über den Geruch aufnehmen? Nein?.....
Können Sie an der Atemluft eines Menschen erkennen, ob er an Krebs erkrankt ist? Nein?
Das tierische Riechorgan:
Im online-Magazin wissenschaft.de können Sie nachlesen, wie Hunde eine Krebserkrankung über ihren Geruchssinn feststellen können:
Hunde riechen Blasenkrebs im Urin und Der richtige Riecher für Krebs Hunde können im Atem bösartige Erkrankungen aufspüren
oder, dass Taufliegen - über ihre zwei Nasen - die Richtung feststellen können, aus welcher ein Geruch kommt:
"Taufliegen haben einen klaren Vorteil, wenn es um den Geruchssinn geht: Sie besitzen zwei Nasen. Biologen haben nun untersucht, wie die Insekten beide Organe nutzen.
Taufliegen nehmen Gerüche mit zwei Nasen wahr und können so den Ursprung des Geruchs besser finden und sich leichter orientieren." Weiter im Stern Online: Die Kraft der zwei Nasen
Weitere Sinnesorgane über welche nur Tiere verfügen:
Beispiel Magnetorientierung:
"John B. Phillips (USA), der seit 20 Jahren, vor allem über den Magnetsinn von Molchen arbeitet, gab einen wichtigen Überblick über den Stand der Forschung auf diesem Gebiet, wobei er sowohl die Untersuchungen der Gruppen um Lohmann (USA) mit ihren Experimenten an Meeres-Schildkröten, als auch jene um Wiltschko (Deutschland) einschloss, die sich im wesentlichen mit dem Magnet-Sinn von Vögeln beschäftigen. Die Vielfalt der Organismen, bei denen man eine Magnetfeldorientierung glaubt nachweisen zu können, die sowohl niedere Wirbellose, wie Würmer, aber auch Insekten umfasst und im Reich der Wirbeltiere von Amphibien über Vögel bis zu den Säugetieren reicht, lässt kaum mehr Zweifel an dieser Sinnesleistung zu, obgleich diese bisher noch nicht eindeutig einem Organ zugeordnet werden kann."
Weitere Materialien zur Magnetorientierung von Tieren (Doc-Datei)
Lesehinweis dazu:
Lars Fischer hat in seinem Blog "Abgefischt" bei www.wissenslogs.de einen interessanten Peer Review zum "Magnetsinn" von Kühen geschrieben:
Der Heidelberger Kuh-Kompass
Orientierungsmechanismen (Zitat aus www.biologie-online.eu)
- Luftdruck - Höhenbestimmung
- Infraschall
- Sonnenkompaß Es wird ein bestimmter Winkel zur Sonne eingehalten, die Bewegung der Sonne im Tagesablauf wird mit berücksichtigt. Zum Äquator hin ändert sich der Winkel pro Zeiteinheit weniger. Voraussetzung ist eine innere Uhr.
- Polarisiertes Licht Das polarisierte Licht erlaubt eine Orientierung an der Sonne auch bei bedecktem Himmel
- Sternenkompaß: Erlernte Orientierung an der unterschiedlichen Rotation der Sterne, diese ist im Norden am geringsten
- Wind: Vögel erkennen Windstärke und -richtung, korrigieren die Drift erst am Ende eines Flugtages und können diese auch ohne Bezugspunkte (z.B. in der Wolken ) bestimmen
- Landmarken Jungvögel lernen diese beim ersten Mitflug ( Bsp.: Staren) und behalten die Flugroute ihre Leben lang bei
- Es werden immer mehrere Systeme nebeneinander verwendet, die sich gegenseitig korrigieren. Die Fähigkeit zur Kompaßorientierung ist angeboren, ihre Leistungsfähigkeit wird aber erlernt.
FAZIT dieses Exkurses:
Angesichts o.g. Besonderheiten stelle ich mir einige Fragen:
Wenn wir die vielen weiteren Sinneswahrnehmungsmöglichkeiten betrachten, über welche unsere Spezies ganz offensichtlich nicht verfügt und auch nicht über Hilfsmittel verfügen kann, wie wenig nehmen wir wohl von unserer Umwelt und unseren Mitmenschen tatsächlich wahr?
Fühlt sich "Mensch" zu Recht den Tieren überlegen?
Karl R. Gegenfurtner stellt in seinem Buch "Gehirn & Wahrnehmung fest:
Leseprobe im PDF: Das Fenster zur Welt
Zitat: "Ganz generell lässt sich sagen, dass Sinnessysteme daraufhin optimiert sind, in der Umwelt verfügbare und relevante Informationen aufzunehmen. Was wäre aber, wenn wir uns über eventuelle physikalische Grenzen hinwegsetzen könnten und ungleich mehr an Informationen unserer Umwelt wahrnehmen würden?....[...].....Zur Bewältigung der Datenflut muss das Gehirn die Datenmenge zunächst einmal mit einer ganzen Reihe von "Tricks" reduzieren. Diese Reduktion hat für unsere Wahnehmung einige sehr interessante Folgen."
Karl R. Gegenfurtner bezeichnet diese Reduktion als sinnvoll, da unsere Sinnesorgane intelligent und umweltangepasst arbeiten. Informationen, welche fehlen, werden schlicht ergänzt.
So folgt unsere "Sehwahrnehmung" bestimmten Wahrnehmungsgesetzen, damit wir uns - mit unserer zweidimensionalen Abbildung im Gehirn - dennoch in einer dreidimensionalen Welt räumlich orientieren können. Jene Gesetzmässigkeiten des Sehens ermöglichen dann auch, dass wir uns von optischen Erscheinungen täuschen lassen können........
Nach diesem Exkurs in die Wahrnehmungswelten des Menschen und der Tiere stelle ich mir einige Fragen:
Wie können wir mit Hilfe unserer beschränkten! Sinnesorgane die Funktionsweise unseres Gehirns jemals verstehen?
Ist es nicht selbstverständlich, dass wir unser Gehirn nur "beschränkt" und "unvollständig" erfassen können?
Wie viel mehr könnten wir wissen, wie besser könnten wir uns und unser "Gehirn" verstehen, wenn wir ein größeres Repertoire an Wahrnehmungsmöglichkeiten hätten?
Oder anders herum gefragt: Wie reduziert nehmen wir unser Gehirn wahr, weil wir über stark "beschränkte" Sinnesorgane verfügen?
Freitag, 9. Mai 2008
Sinnloses um ein "sinnleeres" Thema....= Pseudowissenschaftliche Diskussionen um den Freien Willen
Bildquelle Pixelio: (c) Lea M.Und so wird sich gefetzt, wo es geht, egal aus welchem Wissenschaftsbereich die Gegner und Befürworter kommen, jede Seite behauptet Recht zu haben. Imponierprosa da, Verbalakrobatik hier.....Eine unendliche Geschichte einer pseudowissenschaftlichen Diskussion, welche durch allerlei Blogs und andere Medien geistert und im wissenschaftlichen Gewande Verbalgefechte ohne Ende vom Zaume bricht.
Hintergrund:
Einige Vertreter der Neurowissenschaften glauben, anhand ihrer Versuche "bewiesen" zu haben, dass der Mensch keinen freien Willen habe.....
Diese haben zu keiner Zeit festgelegt, was sie eigentlich damit meinen. Das heißt, keiner von ihnen hat seine Vorstellung, welche er vom freien bzw. nicht freien Willen hat, definiert. Zu Recht kritisieren "echte" Philosophen daher auch den abstrakten Wortgebrauch. Neurowissenschaftler haben auch noch nie einen Versuch gemacht, welcher beweisen sollte, dass der freie Wille nicht existiere........
All jene, die dort diskutieren, sprechen von einem "Freien Willen" und wissen doch nicht, was denn nun genau ein "Freier Wille" sein soll. Das hält sie natürlich nicht davon ab, über das was sie eigentlich nicht kennen, dennoch zu diskutieren. Die Kommentare in den Blogs reihen sich in diese oberflächliche, pseudowissenschaftliche Diskussion ein. Gegensätzliche Standpunkte werden ausgetauscht, ohne den wissenschaftlichen Kern zu berühren.....
Es wird so getan, als wüsste man Bescheid, wie genau der Freie Wille, gemessen worden ist. Weder über den Freien Willen, noch über die Messung selbst wird diskutiert. Es scheint so, als habe man regelrechten Spass daran, Scheingefechte und verbale Kriegsspiele mit einem angeblichen Für und Wider einer pseudowissenschaftlichen Nutzung des Begriffes "Freier Wille" durchzuführen. Auch wird sich wechselseitig "unwissenschaftliche" Polemik vorgeworfen, obwohl sich keine der Parteien um eine Operationalisierung und Definition des diskutierten Sachverhaltes kümmert.
Die Diskutanten verhalten sich so, als hätten sie noch nie etwas von empirischer Forschung und Wissenschaftstheorie gehört.
Ich frage mich, warum keiner danach fragt, wie man in diesem Falle den Freien Willen definieren wolle. Ich frage mich auch, warum keiner jene neurowissenschaftlichen Untersuchungen genauer betrachtet, welche nach der Interpretation von wenigen Neurowissenschaftlern, den freien (undefinierten) Willen verneinen soll.
Eine Diskussion um ihrer selbst und nicht um der Sache willen.......
Solange der Freie Wille undefiniert ist und Versuche dazu noch gar nicht entworfen wurden, ist es müßig überhaupt darüber zu diskutieren:
Das heißt, vorab müsste definiert werden:
1. Was versteht man unter einem freien Willen?
2. Wie kann man die Annahme eines freien Willens belegen/widerlegen?
3. Lässt sich der freie Wille überhaupt in einer Laborsituation testen (-> Definition)
4. Was verstehen die Neurowissenschaftler Roth und Singer unter freiem Willen.ad 1. Welche Definition des freien Willens (in der Philosophie gibt es ja einige unterschiedliche Definitionen) verwenden die Forscher für ihre Interpretation?
ad 2. Wie müsste ein Versuch aussehen, welcher den freien Willen "misst"? Bislang wurden Versuche unternommen, welche ursprünglich nicht zum Ziel hatten überhaupt die Existenz/Nichtexistenz eines freien Willens überprüfen zu wollen.
ad 3. Vorausgesetzt, man hätte sich auf eine Definition des freien Willens geeinigt: reichen die, bislang nur im Labor möglichen, neurowissenschaftlichen Untersuchungsmethoden dafür aus, einen definierten freien Willen zu messen?
ad 4. Bislang habe ich von den beiden noch an keiner Stelle eine Definition darüber gefunden!Das Reduktionsproblem wird m.E. auf der falschen Ebene analysiert....
Nachtrag zu Wolf Singer's Position: (Video 53 min. lang): Gespräch: Interview mit Wolf Singer
Das Interview zeigt, dass Wolf Singer die innere Konsistenz seiner Position nicht aufrecht erhalten kann. Achten Sie darauf, dass er reine gedankliche Konstrukte beschreibt, ohne explizit darauf einzugehen, aus welcher Art der Hirnforschung er seine Schlüsse zieht. (wir wissen, wir konnten beweisen...etc.)
Ebenfalls auffällig sind die vielen Konjunktive, welche leider oft wieder als "Fakten" rezipiert werden, was er zu Recht auch wieder beklagt, wenn er von der medialen Rezeption seiner Interpretationen spricht.
Das Video zeigt, dass Singer's Vorstellungen vom "Ich" durch seine individuelle, persönliche Anschauung und durch seine Sicht und Interpretation der neurowissenschaftlichen Forschung geprägt ist. Es geht nicht mehr um Empirie oder klare Analyse, nicht einmal mehr um die Interpretation einzelner Forschungsversuche, sondern um die Gestaltung eines ganz persönlichen Weltbildes. Interessant ist, dass dieses Interview auch in latentem Widerspruch zu seinem Interview - gegeben im Rahmen der Komplexitätsforschung - steht: Interview mit dem Hirnforscher Wolf Singer
Da ich mir nicht sicher bin, ob die Aussagen von Wolf Singer - insbesondere zur Frage der Komplexität - ohne die Hintergründe der Komplexitätsforschung verstanden werden können, rate ich dazu, die ausführlichen Hintergrundinformationen und Videos zur letzten Scobel-Sendung auf der 3Sat-Webseite vorab anzusehen: Komplexe Welt
Ein neues Denken ist angesagt. "Wetterprognosen, Börsenkurse, Teilchenphysik, Strukturen des Gehirns: Jetzt suchen verschie- dene Wissenschaftsdisziplinen gemeinsam nach Antworten..."
Mittwoch, 30. April 2008
The frontal lobes - Das Frontalhirn und seine Funktionen
Ergebnisse aus der Hirnforschung und aus Läsionsstudien deuten darauf hin, dass das Frontalhirn eine bedeutende Rolle in der Entscheidungsfindung und Zukunftsplanung hat. Es befähigt uns, Dinge zu beurteilen, Entscheidungen zu treffen, zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen, etwas abwägen oder über Dinge nachzudenken.
Dieses Video zeigt einen jungen Mann, welcher durch ein Aneurysma im Frontalhirn, trotz immer noch vorhandener allgemeiner Intelligenz, sein Organisationstalent und seine Planungsfähigkeit weitgehend verloren hat. Weiter wird die Entwicklung des Frontalhirns angesprochen, denn dieser Bereich des Gehirns entwickelt sich in der Kindheit zuletzt. Mit Hilfe von Tierversuchen konnte die Annahme bestätigt werden, dass das Frontalhirn an Entscheidungsprozessen beteiligt ist. Das Video dauert 9 Minuten.
Freitag, 25. April 2008
Sendung 3Sat "Scobel": Das Gehirn auf der Couch vom 24.04.2008
Eine interessante Diskussion wurde in der Sendung "Scobel" am Donnerstag präsentiert. Thema war das Verhältnis der Hirnforschung zur Psychoanalyse resp. zum Theoriegebäude von Sigmund Freud:
"Thema: Das Gehirn auf der Couch. Das Zusammenwachsen von Psychoanalyse und Neurowissenschaften zur sogenannten Neuropsychotherapie"So vielversprechend dieser Titel klingt, ist das "Zusammenwachsen" zur "Neuropsychotherapie" allerdings nicht. In der Gesprächsrunde wurde deutlich, dass Prof. Dr. Wolf Singer sich zur Teilnahme an der Bremer "Depressionsstudie" überreden lassen musste. Dort wird auch nicht eine Neuropsychotherapie entwickelt, sondern es wird versucht!!! zu zeigen, dass eine psychoanalytische Therapie bei Depressionen erfolgreich sein soll.
Im Beitrag auf der "Scobel-Seite" bei 3 Sat wird einem tatsächlichen Ergebnis der Studie bereits vorgegriffen. So heißt es dort in der Überschrift: "Freuds Theorien durch neue Techniken bestätigt." Diese Feststellung findet sich durch keine Aussage im nachfolgenden Text bestätigt:
Blick ins Gehirn. Verschiedene bildgebende Verfahren liefern Momentaufnahmen des Gehirns
Psychoanalyse soll bei Depressionen helfen
Die Patienten werden mit Bildern und Sätzen konfrontiert, die ihre persönlichen, psychischen Konflikte ansprechen. Dabei wird gemessen, welche Regionen besonders aktiv sind. Bezugspunkt für die Messungen ist eine gleich große Kontrollgruppe mit Gesunden, deren Reaktion ebenfalls auf "individuelle Stimulussätze" getestet wird. Der Unterschied: Die Teilnehmer der Kontrollgruppe führen ein befriedigendes Leben und haben funktionierende Beziehungen. Sie beziehen Probleme nicht automatisch auf sich und können Ärger insgesamt besser bewältigen. Entsprechend lassen sich die unterschiedlichen Reaktionen dann auch am Gehirnscan ablesen"
Warum Wissenschaft und seine mediale Variante ein Glaubwürdigkeitsproblem hat bzw. bekommt, lässt sich leicht an der nicht belegbaren Äußerung von Wolf Singer ablesen:"Weitere Studien werden folgen, aber eines kann man sicher jetzt schon sagen: sie werden unser Bild vom Zusammenspiel von psychischen Erkrankungen und unserem Gehirn entscheidend verändern."
Weder das, im Übrigen von Eric Kandel jovial kritisierte Versuchsdesign, noch der Versuchsaufbau lassen derart tiefgehende Einsichten, wie angekündigt, erwarten.
Denn hier stellen sich gleich mehrere Probleme, welche im Untersuchungsdesign unberücksichtigt bleiben:
1. Es gibt nicht "die" Depression, sondern es gibt verschiedene Erscheinungsformen von Depressionen.
Eric Kandel kritisiert daher, dass bei der Bremer Studie ein heterogenes "Patientengut" untersucht wird, welches man nachher allerdings homogen beurteilen möchte.
2. Die Ursachen von Depressionen unterscheiden sich voneinander
In der Studie wird nicht berücksichtigt, dass Depressionen möglicherweise völlig verschiedene Ursachen (im Sinne auch von Fehlfunktionen im Gehirn) haben können. Es wird also so getan, als ob Depression = Depression sei. Sobald die Studie fertig sein wird, ergibt sich daraus ein Interpretationsproblem. Es werden Daten mit ungleichen Erscheinungsformen korreliert!
2. In der Studie wird "Psychotherapie" gleichgesetzt mit der Verwendung von Schlüsselsätzen
In der Diskussion kam dies zum Ausdruck, als Frau Marianne Leuzinger-Bohleber darauf hinwies, dass in der Laborbeobachtung immer nur verkürzte Inhalte und Methoden verwendet werden können.
Auch dies wird zu berücksichtigen sein, wenn am Ende der Studie die Ergebnisse vorgestellt werden. Wer einen Satz liest, wie "Theorien Freuds durch neue Techniken bestätigt", muss sich die versuchstechnischen Hintergründe vor Augen führen. Denn Freuds Theorie lässt sich kaum in ein paar Schlüsselsätze packen.......
Oder wie Eric Kandel sagt: " Die Psychoanalyse ist nicht verifizierbar und auch nicht falsifizierbar" Außerdem ist die psychoanalytische Theorie hochkomplex, so dass selbst wenn man zukünftig die Möglichkeit hätte, Gehirnscans während Therapiesitzungen machen zu können, die Schwierigkeit bestünde, was man denn zu ihrer Bestätigung messen will.
Ein Besuch der hier angegebenen Links (u.a. die Videomitschnitte aus der Sendung) ist sehr empfehlenswert. Meines Erachtens wird dabei sehr deutlich, wie weit die Möglichkeiten der Neurowissenschaften reichen und wo ihre Beschränkungen liegen. Umgekehrt wird klar, dass komplexe Situationen, Sachverhalte und Theorien immer nur in Ansätzen für einen naturwissenschaftlichen (Erklärungs-)Zugang geeignet sind.
Die Gäste in der Sendung waren:
Prof. Dr. Eric R. Kandel
Neurowissenschaftler, Träger des Nobelpreises für Medizin aus dem Jahr 2000
Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber
Direktorin des Sigmund Freud-Instituts in Frankfurt am Main
Prof. Dr. Wolf Singer
Neurophysiologe, Direktor des Max Planck-Instituts für Hirnforschung
Weitere Links zur Sendung:
Reizverarbeitung Der Mensch muss lernen, Ängste zu verarbeiten. Vor allem vor- und frühkindliche Erfahrungen sind dabei besonders wichtig und prägend für ein stabiles Selbst
Donnerstag, 10. April 2008
Wie vermeidet unser Gehirn Fehler? Bestätigt die Hirnforschung ein fast vergessenes kybernetisches Lernmodell?
Im aktuellen Gehirn&Geist wird nämlich berichtet, wie unser Gehirn arbeitet, wenn es Fehler erkennt und dass im Prinzip Irrtümer die Wegbereiter für neue Erkenntnisse sind.
Die Forschung, ihre Ergebnisse und Interpretation(en) ist eine Frage des Zeitgeistes und leider oft nicht eine Frage der vorhandenen Forschungsergebnisse. So fördert jede neue Forschungsstrategie, in diesem Falle die Neurowissenschaft, neue Erkenntnisse zu Tage und lässt "alte" Forschungsergebnisse (insbesondere wenn diese lange zurückliegen und aus einer anderen Disziplin stammen) völlig aus dem Blickfeld verschwinden...
Es sei denn, dass die Art der 'neuen' Ergebnisse die Erinnerung an 'alte' Theorien wieder wach rufen:
Wer sich näher mit (Lern-)Psychologie befasst hat, erinnert sich vielleicht noch an Theorien, wie z.B. "Lernen durch Versuch und Irrtum" oder an jene, von der damals noch völlig neuen Computertechnologie angeregte, kybernetische Lernmodelle (Test-Operate-Text-Exit). Diese Lernmodelle waren es auch, welche mir beim Lesen zu den dort geschilderten Ergebnissen aus der Hirnforschung in den Sinn gekommen sind.
Hat hier nun die Hirnforschung ein fast 50 Jahre altes psychologisches theoretisches Lernmodell, mit naturwissenschaftlichen Ergebnissen untermauert? Ich meine ja und freue mich, dass damit aus meiner Sicht der "Wahrheitsgehalt" einer beinahe vergessenen Theorie anhand der Funktionsweise unserer "Hardware" (= Gehirn) bestätigt wurde.
Ich möchte Sie zunächst auf eine kleine "Zeitreise" in die Geschichte der Psychologie mitnehmen, um danach wieder im hier und jetzt, d.h. im erwähnten Gehirn&Geist-Artikel zu landen:
Ein Blick in die Geschichte
Bildquelle:computerhistory.org
In den 50er Jahren wurden große Hoffnungen in die neue Computertechnologie und ihre Möglichkeiten gesetzt. Man dachte an neue Formen "künstlicher Intelligenz". Die Entwicklung der neuen Computertechnologie führte zur Unzufriedenheit und damit auch zur Überwindung streng behavioristischer Lernparadigmen. [1]
In the Historical Addendum to Newell and Simon’s Human Problem Solving [3] they say: ‘1956 could be taken as the critical year for the development of information processing psychology’ (p. 878). This is not difficult to justify. 1956 was the year that McCarthy, Minsky, Shannon and Nat Rochester held a conference on artificial intelligence at Dartmouth that was attended by nearly everyone working in the field at that time.So kam es zur sog. "Kognitven Revolution"[1]
By 1960 it was clear that something interdisciplinary was happening. At Harvard we called it cognitive studies, at Carnegie-Mellon they called in information-processing psychology, and at La Jolla they called it cognitive science.der "enge" behavioristische Blick "weitete" sich: [1]
Interdisciplinary activities I argued that at least six disciplines were involved: psychology, linguistics, neuroscience, computer science, anthropology and philosophy. I saw psychology, linguistics and computer science as central, the other three as peripheral.und es begann ein Paradigmenwechsel in der Psychologie, die sog. "Kognitive Wende". So war man also von der Erforschung des Geistes zunächst zu streng mess- und untersuchbaren Lernvorgängen (hauptsächlich in Tierversuchen) = Behaviorismus, wieder bei der Erforschung der geistigen, d.h. inneren Vorgänge gelandet. Zwei Beispiele von Jerome S. Bruner aus dieser Zeit:
Merkmale der Kognitiven Wende [2]+ [3]:Value and Need as Organizing Factors in Perception (1947) Jerome S. Bruner and Cecile C. Goodman[1] Harvard University First published in Journal of Abnormal and Social Psychology, 42, 33-44.
So much for the first hypothesis, that socially valued objects are susceptible to behavioral determinants in proportion to their value. Consider now the second hypothesis, that the greater the subjective need for a socially valued object, the greater will be the role of behavioral determinants of perception
On the Perception of Incongruity: A Paradigm Jerome S. Bruner and Leo Postman (1949)
Harvard University First published in Journal of Personality, 18, 206-223.
Zentral ist die Computermetapher. Sie prägt in der kommenden Zeit die Vorstellungen über das menschliche "Denken": So gilt nun der "sense-think-act cycle" [Sinneswahrnehmung - Denken - Handeln Kreislauf], d.h. man nimmt etwas mit seinen Sinnen wahr, man denkt darüber nach, man handelt und dann geht der Kreislauf wieder von vorne los.
Das T.O.T.E.-Modell
Miller, G.A., Galanter, E. & PribramK.H. haben daraus in Ihrem 1960 erschienenen Buch " Plans and the structure of behavior" eine kognitive Handlungstheorie entwickelt, welche kurz gefasst als das T.O.T.E.-Modell in die Geschichte der Psychologie eingegangen ist. Das Test-Operate-Test-Exit-Modell besagt nichts anderes, als dass wir eine Handlung vornehmen, diese mit unserer Zielsetzung vergleichen und - falls notwendig wieder durch eine neue Handlung korrigieren. Waren wir erfolgreich wird die Handlung beendet. Wobei hier nicht nur sichtbare "Handlungen" gemeint sind, sondern durchaus auch unsichtbare "Denkvorgänge".
Umgangssprachlich könnte man dies als das "Handeln-Prüfen-Handeln- Fertig-Modell", oder Denken-Prüfen-Denken-Fertig-Modell bezeichnen. Eine "wissenschaftliche" und abstraktere Erläuterung zum Modell finden Sie im Buch "Grundlagen der Sozialpsychologie:
Google-Buch: theoretische Erklärung zum T.O.T.E.- Modell "Grundlagen der Sozialpsychologie " von Lorenz Fischer, Günter Wiswede erschienen 2002 im Oldenbourg WissenschaftsverlagWie 1960 die "neuen" theoretischen Überlegungen aufgenommen wurden, vermittelt diese Buchbesprechung aus dem Jahre 1960:
(Buchbesprechung)GEORGE A. TALLAND, Ph.D. Book Review: George A. Miller, Eugene Galanter und "Plans and the Structure of Behavior" - 1960
TOTE stands for test-operate-test-exit and is a cybernetic alternative for the stimulus-response connection modeled on the reflex arc, which the authors reject as the fundamental pattern for the organization of behavior.[...]Perhaps the most serious defect of the theory is that it does not clearly state how Plans are set into operation. [..] To those who believe that, in spite of its lively controversies, psychology is in need of more theoretical systems anchored in empirical data, this essay offers an important contribution to the literature.FAZIT:
Die Entwicklungen in der "Computerwissenschaft (computer science)", heute würde man sagen in der Informatik, führten zu einem Paradigmenwechsel in der Psychologie. Man hegte ähnliche, noch etwas weniger gewagte Zukunftsvisionen (künstliche Intelligenz) als heute. Da die Tierexperimente nach dem behavioristischen Lernparadigma keine neuen Fortschritte aufwiesen, orientierte man neue Vorstellungen über das Lernen u.a. eben auch an dem Aufbau und der Funktionsweise der seinerzeit neu aufkommenden "Computerwissenschaft". Das T.O.T.E.-Modell erinnert daher an den Aufbau einfacher Computerbefehle (Algorithmen).
Damit möchte ich unsere kleine 'Zeitreise' beenden um an die Situation heute anknüpfen:
Wie bereits Talland in der Buchbesprechung "Plans and structure of behavior" angemahnt hatte:
To those who believe that, in spite of its lively controversies, psychology is in need of more theoretical systems anchored in empirical data, this essay offers an important contribution to the literature.führt uns die Weiterentwicklung bildgebender Verfahren in den Neurowissenschaften nun zu den dort angemahnten "empirischen Daten".
Wie ich bereits im Beitrag zum Buch "Gedankenlesen" von Stephan Schleim ("Bilder" vom Gehirn und was wirklich "dahinter" steckt....) berichtet habe, ermöglichen erst die hohe Leistungsfähigkeit moderner Computer die Auswertung der Daten, welche in der neurowissenschaftlichen Forschung gewonnen werden:
Bildquelle: (c)MPI Köln
Dr. Markus Ullsperger, Arzt und kognitiver Neurobiologe ist Leiter einer jungen, engagierten Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln. In der aktuellen Ausgabe von Geist&Gehirn(4/2008) "Subtile Lehrmeister : Fehler erkennen" berichtet er auf sehr anschauliche und vor allem verständliche Weise über die aktuellen Erkenntnisse aus der Hirnforschung:
Im frontomedianen Cortex (pFMC) wurde nun das "Überwachungszentrum" für unser Verhalten entdeckt. Dort werden Fehler erkannt und Korrekturen veranlasst, so dass wir unser Verhalten ständig optimieren können. Dort wird verglichen ob die herbeigeführte Aktion stimmig ist. Diese "innere" Kontrolle läuft völlig automatisch ab: So wurde festgestellt, dass bei einer falschen Entscheidung das elektrische Potential abfällt, so dass quasi ein "gedankliches Innehalten" eingeleitet wird und die fehlerhafte Aktion korrigiert werden kann.
Damit bestätigen diese Forschungsergebnisse inhaltlich das T.O.T.E.-Modell, wobei in den aktuellen Forschungen die Rolle von "Belohnungen" für das Funktionieren unseres "Überwachungssystems" untersucht wurden:
Denn Belohnungen sind die Indikatoren für eine "richtige" oder "falsche" Entscheidung. Dass Belohnungen für das Lernen wichtig sind, wissen wir seit vielen Jahrzehnten (=> operantes Konditionieren => Behaviorismus => Lernexperimente mit Tieren) Belohnungen und Motivationsreize sind die Grundlage für eine Entscheidungsfindung bzw. für zielgerichtetes Verhalten. Damit - so wird angenommen - bauen wir die 'Wertesysteme" für unser Verhalten auf. Belohnungen nehmen so eine Schlüsselposition in Entscheidungsprozessen ein.
Auch diese Annahmen der behavioristischen Lerntheorien wurden mit bildgebenden Verfahren bestätigt. So stieg die Feuerungsrate der Dopamin produzierenden Zellen im pFMC, sobald die Versuchstiere eine Belohnung erhielten.=>[4]+[5]
Das Team um Dr. Ullsperger untersuchte die Feuerungsrate der Dopamin produzierenden Zellen an Menschen. Dabei fand der Psychologe Tilmann Klein heraus, dass Menschen mit reduzierter Dopamin-Rezeptor-Dichte in ihren Nervenzellen (= A1-Träger = 1/3 der mitteleurop. Bevölkerung!), weniger auf Fehler reagieren(= kaum Reaktion im pFMC), als andere mit normaler Dichte.
Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass der frontomediane Cortex (pFMC) für das Lernen aus Fehlern zuständig ist, wobei eine normale Rezeptordichte hierfür Voraussetzung wäre.
Sind nun A1-Träger jene, welche im Alltag daher Probleme haben? Nein, sagen die Forscher, denn im Alltag seien die Reize weit stärker und nicht so subtil, wie in ihren Versuchen. Außerdem gleichen A1-Träger ihre geringere Dopamin-Rezeptor-Dichte mit einer erhöhten Dopaminproduktion aus.
Die geringere Fähigkeit von A1-Trägern, aus schlechten Erfahrungen zu lernen, könnte- neben anderen Faktoren- auch erklären, warum dieser Personenkreis eher zu Suchtverhalten neige.
Näheres dazu von Andreas Jahn in Spektrum der Wissenschaft: » Falsch!
Im Gehirn&Geist - Originalartikel werden die Ergebnisse detailliert beschrieben.
Die Studien und Studienergebnisse des Teams Dr. Ullsperger in ausführlicher und wissenschaftlich anspruchsvollerer Form:
Schematisches Modell der kognitiven Prozesse, die für zielorientiertes und flexibles Verhalten notwendig sind
Handlungsüberwachung und flexibles, zielorientiertes Handeln beim Menschen: Neuroanatomische, physiologische und molekulare Grundlagen
Handlungsüberwachung und flexibles, zielorientiertes Handeln beim Menschen: Neuroanatomische, physiologische und molekulare Grundlagen
Der posteriore frontomediane Kortex
Befunde bei neurologisch kranken Patienten
Ergänzung um neue Erklärungsebenen:
Diese Erklärungsebene findet breite Zustimmung, jedoch neben grundsätzlichem Konsens auch die Kritik, dass in o.g. Studien höhere kognitive Funktionen und soziale Einflussfaktoren unberücksichtigt bleiben. (Lieberman- PDF)
Zwischenzeitlich wurden dazu eigene Studien veröffentlicht, z.B.:
Berkman, E. & Lieberman, M. D. (in press). The neuroscience of goal pursuit: Bridging gaps between theory and data. To appear in G. Moskowitz (Ed.) Goals. Guilford Press. PDF
Weitere, insbesondere sozialpsychologisch orientierte, neurowissenschaftliche Studien im PDF-Format auf der Webseite von Matthew Lieberman.
Wichtig für Einwohner in Köln und Umgebung ;-) Das MPI sucht Teilnehmer für ihre Studien:
Das MPI Köln sucht für ihre wissenschaftlichen Studien Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 10 bis 75 Jahren. (Dauer 1- 1½ Stunden, 10 € pro Stunde Aufwandsentschädigung) Nähere Informationen: hier
Quellenhinweise und Links:
* Bildquelle: Minimax and Alpha-Beta Pruning abgebildet: Allen Newell, Herbert Simon, Carnegie Mellon University
[1] http://www.cogsci.princeton.edu/~geo/Miller.pdf (engl)
[2]Kurzinformation zur kognitiven Wende (dt.)
[3] The Evolution of American Educational. Technology,by Paul Saettler, 2004 (engl.)
[4] T. Ljungberg, P. Apicella and W. Schultz; Responses of monkey dopamine neurons during learning of behavioral reactions, Institut de Physiologie, Universite de Fribourg, Switzerland.
[5] W. Schultz and R. Romo, Dopamine neurons of the monkey midbrain: contingencies of responses to stimuli eliciting immediate behavioral reactions ,Institut de Physiologie, Universite de Fribourg, Switzerland.
Weiterführende Informationen:
>Hirnaktivität kündigt Fehler an
Falsch! Hirnaktivität kündigt Fehler an
Montag, 7. April 2008
Der betörende Nimbus der Neurowissenschaften......
so kommentiert die Neue Züricher Zeitung Studien zur Bedeutung der Neurowissenschaften in der Wissenschaftsrezeption.
Insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften untermauern ihre Feststellungen gerne mit vermeintlich "soliden" naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch umgekehrt werden in den Neurowissenschaften immer wieder weitreichende Interpretationen der wissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit kundgetan, welche weit über das hinausgehen, was die Studien tatsächlich aussagen. Wie gut dieses Prinzip funktioniert und dafür sorgt, dass die Glaubwürdigkeit von Studien erhöht wird, haben mehrere Untersuchungen ergeben. Interessant dabei ist, dass selbst Neurowissenschaftler über den "betörenden Nimbus" ihrer Disziplin erstaunt waren.
Der betörende Nimbus der Neurowissenschaften
Zur Untermauerung von geistes- und sozialwissenschaftlichen Behauptungen wird heute gerne auf die Hirnforschung verwiesen.Wie ein Experiment nun erstmals gezeigt hat, lassen sich Nichtfachleute von neurowissenschaftlich verbrämten Argumenten derart blenden, dass sie logische Mängel derselben nicht mehr zu erkennen vermögen.Weitere Studien zum Thema bzw. Quellen der Originalstudie:
The power of blobs on the brain
The media love those colourful brain images - the ones adorned by blobs purportedly showing which areas are most active when the experimental participant is thinking about something specific like cheese on toast. Now researchers in America have shown just how persuasive these images can be.McCabe, D., Castel, A. (2008). Seeing is believing: The effect of brain images on judgments of scientific reasoning. Cognition, 107(1), 343-352
Abstract:
Brain images are believed to have a particularly persuasive influence on the public perception of research on cognition. Three experiments are reported showing that presenting brain images with articles summarizing cognitive neuroscience research resulted in higher ratings of scientific reasoning for arguments made in those articles, as compared to articles accompanied by bar graphs, a topographical map of brain activation, or no image. These data lend support to the notion that part of the fascination, and the credibility, of brain imaging research lies in the persuasive power of the actual brain images themselves. We argue that brain images are influential because they provide a physical basis for abstract cognitive processes, appealing to people’s affinity for reductionistic explanations of cognitive phenomena.The seductive allure of neuroscience explanations
Weisberg DS, Keil FC, Goodstein J, Rawson E, Gray JR.
Department of Psychology, Yale University, New Haven, CT 06520, USA.
erschienen in: J Cogn Neurosci. 2008 Mar;20(3):470-7.
Abstract:
Explanations of psychological phenomena seem to generate more public interest when they contain neuroscientific information. Even irrelevant neuroscience information in an explanation of a psychological phenomenon may interfere with people's abilities to critically consider the underlying logic of this explanation. We tested this hypothesis by giving naïve adults, students in a neuroscience course, and neuroscience experts brief descriptions of psychological phenomena followed by one of four types of explanation, according to a 2 (good explanation vs. bad explanation) x 2 (without neuroscience vs. with neuroscience) design. Crucially, the neuroscience information was irrelevant to the logic of the explanation, as confirmed by the expert subjects. Subjects in all three groups judged good explanations as more satisfying than bad ones. But subjects in the two nonexpert groups additionally judged that explanations with logically irrelevant neuroscience information were more satisfying than explanations without. The neuroscience information had a particularly striking effect on nonexperts' judgments of bad explanations, masking otherwise salient problems in these explanations.Ich halte diese Situation für sehr bedenklich, denn sie zeigt, dass einerseits notwendige Kritik an den Neurowissenschaften angesichts einer solchen ausgeprägten Wissenschaftsgläubigkeit zu Unrecht zurückgewiesen wird (z.B. Neurowissenschaften, Gehirn und Bewusstsein) und andererseits auf Dauer die sinnvolle Seite der Neurowissenschaften an Glaubwürdigkeit verlieren kann, wenn der "Nimbus" seinen Reiz verloren hat.
Die Wissenschaftsgeschichte ist voll von Beispielen, wie immer wieder in einzelne Wissenschaften und/oder Wissenschaftsbereiche sehr große Hoffnungen gesteckt werden, welche nach Ablösung durch einen neuen "Hyper" dann oft völlig verschwinden. Dass eine solche Entwicklung der Wissenschaft selbst nicht dienlich ist, versteht sich von selbst. So wäre es wünschenswert, wenn wissenschaftliche Ergebnisse sachlicher, d.h. weniger emotional und ideologisch geprägt mitgeteilt werden würden. Denn nur auf dieser Basis ist ein zeitsparender, interdisziplinärer Austausch überhaupt möglich.
Seit ungefähr 10 Jahren befasse ich mich mit den Neurowissenschaften. Mein Ziel war, für psychologische und pädagogische Studien und Theorien, weitere neurowissenschaftliche Belege zur Untermauerung zu erhalten. Leider nur mit bescheidenem Erfolg, denn jede Studie muss einzeln auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft werden, wobei auch auf anatomische, neurophysiologische Kenntnisse und Wissen über Möglichkeiten und Grenzen neurowissenschaftlicher Forschung, nicht verzichtet werden kann. Der weitaus größere Anteil der wissenschaftlichen Arbeit entsteht aus dem Umstand der maßlos übertriebenen Berichterstattung und der großen Uneinigkeit der Neurowissenschaftler untereinander. Alles keine Indizien für eine größere Stichhaltigkeit neurowissenschaftlicher Belege.
Auch wenn dadurch nur sehr bescheidene "Belege" gesammelt werden können, sich manche Hoffnungen zerschlagen und andere Möglichkeiten sich eröffnen (z.B. in der Medizin), kann die Beschäftigung mit den Neurowissenschaften dennoch sehr spannend sein.
Dienstag, 1. April 2008
Wie der Spiegel seine Leser für dumm verkauft oder: wieder Supernachrichten für alle Gutgläubige
Visionen, Visionen, Visionen
Das "Gedankenlesen", so werden die Ergebnisse der jüngsten Forschungen genannt, entlocken manchen Neurowissenschaftlern wieder mannigfaltige "Zukunftsvsionen", welche an die Prophezeihungen nach Entdeckung der Elektroenzephalografie erinnern. Damals (August 1930!) kündigte man an, dass Geistes- und Hirnerkrankungen per EEG entdeckt werden sollten und sogar Briefe in Hirnschrift geschrieben werden würden. Davon ist wenig übrig geblieben. Die Geräte sind zwar zwischenzeitlich ausgefeilter und werden mit PC's kombiniert. Herausgekommen sind die sog. Biofeedback-Verfahren, welche vereinzelt in der Medizin und in der psychotherapeutischen Praxis zum Einsatz kommen. Die große Ankündigung ist quasi in einer "Nische" gelandet......
Das Vorzeigebeispiel im Spiegel:
Studie:
Using fMRI Brain Activation to Identify Cognitive States Associated with Perception of Tools and Dwellings
12 Teilnehmer, alle stammen aus einer Population, nämlich der Carnegie Mellon University. Das heißt, es handelt sich um eine sehr kleine Untersuchungsgruppe und sie entstammen aus einer homogenen Gruppe. Etwaige große Altersunterschiede oder unterschiedliche Schichtenzugehörigkeiten sind ausgeschlossen. Da Denkvorgänge altersvariabel, kulturell und sozial beeinflusst sein könnten, ist hier von vornherein die Chance erhöht, dass die Probanden Bilder ähnlich wahrnehmen. Diese Studie wurde im Januar mit viel Furore in den USA veröffentlicht, quasi als Hinweis darauf, dass man nun den "Durchbruch" geschafft hätte, Gedanken zu lesen. Die Studie und die Aussagen der Autoren, insbesondere jene Aussagen von Svetlana V. Shinkareva* "Im Prinzip können wir anhand der Hirnaktivität erkennen, was ein Mensch gerade denkt" gehen weit über das hinaus, was die Ergebnisse tatsächlich liefern. Bei 12 Probanden ist eine Zuverlässigkeit von 78 Prozent recht wenig. Obwohl die Probanden bereits aus einer homogenen Gruppe stammen schwanken die Übereinstimmungen so, dass 2 bis 3 Personen bereits andere "Gedankenmuster" aufweisen....Wer weiß, wie in fMRI-Studien "glatt gerechnet" wird, erwartet in einer homogenen Gruppe für den Bereich der visuellen Wahrnehmung eigentlich genauere Ergebnisse. Auch daran kann man erkennen, dass die Messmethode grundsätzlich zu hinterfragen ist. Die veröffentlichte Studie wird außerdem recht oberflächlich berichtet. Viele Hintergründe und Details, womit der Leser die wissenschaftstheoretische und methodische Basis der Studie überprüfen könnte, sind schlicht unzureichend beschrieben.
Autoren der Studie
*Svetlana V. Shinkareva1,2*, Robert A. Mason1, Vicente L. Malave1, Wei Wang2, Tom M. Mitchell2, Marcel Adam Just1
1 Department of Psychology, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, Pennsylvania, United States of America2 Machine Learning Department, School of Computer Science, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, Pennsylvania, United States of America
Kritik an der Studie: "Gedankenlesen durch Bildbetrachtung":
Besonders kritisch ist hier der hergestellte Zusammenhang zwischen visuellen Wahrnehmungsmustern im Gehirn und der behaupteten Möglichkeit des Gedankenlesens. Dabei besteht ein sehr großer Unterschied, ob wir alle dasselbe Bild betrachten, oder ob jeder für sich irgendwelche Gedanken macht. Der Begriff "Gedankenlesen" wird gemeinhin mit der Vorstellung verbunden, man könne mittels "Gedankenlesemaschine" die Gedankengänge eines Menschen verfolgen. Davon ist die Hirnforschung allerdings noch sehr weit entfernt, auch wenn derart reißerisch aufgemachte Artikel solche Möglichkeiten zu suggerieren versuchen. Hinzu kommt, dass die "Maschinen" zunächst diese Gedankenmuster selbst "lernen" mussten, um sie nachher wieder zu entdecken....Bislang sind "unbekannte" Gedanken nach wie vor nicht messbar!
Die "sachliche" Berichtsseite der Studie - ohne Übertreibung:
The two main conceptual advances offered by these findings are that there is an identifiable neural pattern associated with perception and contemplation of individual objects, and that part of the pattern is shared across participants. This neural pattern is characterized by a distribution of activation across many cortical regions, involving locations that encode diverse object properties. The results uncover the biological organization of information about visually depicted objects.Literaturhinweise:
Hilfsmittel zum Verständnis von Studien:Warum werden die Leser immer wieder aufs Neue "verschaukelt"?
1.So lügt man mit Statistik. Walter Krämer Taschenbuch - Piper (Sep 2000) - 206 Seiten
ISBN 3492230385 - ISBN-13 9783492230384
2.Der Hund, der Eier legt. Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken
Hans-Hermann Dubben, Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Peter Beck- Bornholdt - Rowohlt Tb. (Feb 2007) - 320 Seiten
ISBN 3499621967 - ISBN-13 9783499621963
3.Das Ziegenproblem. Denken in Wahrscheinlichkeiten. Gero von Randow
Rowohlt Tb. (Mai 2004) - 208 Seiten - ISBN 3499619059 - ISBN-13 9783499619052
Das Problem entsteht erst dadurch, dass gegenüber den Medien immer wieder vollmundig irgendwelche Zukunftsvisionen entworfen werden und gutgläubige, neurowissenschaftlich wenig bewanderte Journalisten diese Visionen dankbar und unkritisch übernehmen. So haben solche "Alarmisten" (Vorwort von Thomas Metzinger im Buch "Gedankenlesen" von Stephan Schleim) leichtes Spiel. Sie erregen mediale Aufmerksamkeit und lockern den Geldbeutel von Sponsoren, Investoren und steuerzahlenden Wissenschaftsförderern....
Unauffällige Hinweise auf Ungereimtheiten im Spiegel-Essay:
Ganz leise keimen vielleicht bei manchen aufmerksamen Lesern Zweifel über die "Gedankenlesevision" auf, wenn sie erfahren, dass alleine das gedankliche "Buchstabenschreiben" einen Riesenaufwand erfordert:
So braucht es erst einmal sage und schreibe 100 Stunden bis man "nur" mit seinen Gedanken einen Cursor bewegen kann. Um gedanklich zu "schreiben" brauchte die schnellste !!! Versuchsperson (VP) immer noch 60 Sekunden für 8 Buchstaben. D.h. nur für den vorangehenden blau geschriebenen Satz benötigt die VP mehr als 600 Sekunden (= 10 Minuten!)
Wobei es einen riesigen Unterschied macht, ob man die Buchstaben selbst mit seinen Gedanken "produziert", oder ob jemand diese Buchstaben aus unserem Gehirn "herauslesen" wollte. Dieser umgekehrte Weg ist nämlich - auch mit einzelnen Buchstaben - nicht möglich.
Weiterführende Links: ( caution! you will loose your visions about neuroscience )
Erklärungen zur Geschichte, Aufbau und Funktionsweise der fMRI (Deutsch)
Tutorial - Erklärungen zum Aufbau und zur Funktionsweise von fMRI-Untersuchungen(English)
How to Lie with fMRI Statistics
Buchempfehlung: Stephan Schleim: "Gedankenlesen" - Besprechung
"Bilder" vom Gehirn und was wirklich "dahinter" steckt....
Grundlegende Probleme neurowissenschaftlicher Forschung:
Webseite "Neuropaedagogik.de" - Kapitel "Grenzen"
Spiegelartikel:
SPIEGEL 14/2008: Der Memory-Code – Forscher entziffern die Sprache des Gehirns
P.S.: Dieser Beitrag ist kein Aprilscherz, auch wenn man dies meinen könnte!
Sonntag, 30. März 2008
Neurons, our "bascis of thinking" - Nervenzellen - Die Grundlage unseres Denkens
Mit Hilfe dieses Videos kann man sich ein bißchen vorstellen, was in unserem Kopfe so ständig vor sich geht. Trillionen von Nervenzellen kommunizieren mit Trillionen anderer Nervenzellen. Im Schlaf geht es in unserem Kopf nur etwas ruhiger und ggf. "langsamer" zu. Sobald wir wach sind, unsere Augen aufschlagen, hören und riechen wird es richtig lebhaft in unserem Gehirn. Jede Aktivität, wie Frühstück zubereiten, Zeitung lesen zeichnet sich durch zunehmende Aktivierung aus.
Our brain is constantly active, even if we sleep. Especially our hearing perception is continuously in action. We dream and "see" in our dreams. Constantly - while sleeping - brain actions can be measured. And if we are awake, there are still many more active nerve connections. This video helps for understanding and to catch an idea what is happening always in our head. Trillions of nerve cells communicate with Trillions of other nerve cells. While sleeping in our head it's only somewhat more calmly and if necessary. "more slowly" too. As soon as we are awake, our visual, auditive and sensory systems gets more and more lively in our brain. Each activity, like breakfast prepare, newspaper read is characterised by increasing activation.
Nun stellen Sie sich vor, Sie wollten eine bestimmte Rechenaufgabe aus dieser Aktivität "herauslesen". Dann stehen Sie vor demselben Problem, wie unsere Hirnforscher. Wie mißt man, angesichts der ständigen Aktivität im Gehirn eine bestimmte Aufgabe heraus?
Neurowissenschaftler messen zunächst die "Grundaktivität", d.h. das ständig vorhandene Rauschen. Dann messen sie die Aktivität des Gehirns, während die gestellte Aufgabe gelöst wird. Die Grundaktivität liefert schon enorm viel Datenmaterial: Schicht für Schicht wird das ganze Gehirn durchgemessen. Der Computer "errechnet" die Aktivierungen. Daselbe macht man nun während eine Aufgabe gelöst wird. Wieder wird das Gehirn Schicht für Schicht durchgemessen und die Aktivierungen "errechnet". Der Forscher hat nun zwei Datensätze. Wieder mit Hilfe des Computers werden unzählige Berechnungen vorgenommen. Vom Zahlenmaterial, welches während der gestellten Aufgabe gewonnen wurde, wird nun das Zahlenmaterial während der Grundaktivität abgezogen. Was übrig bleibt, so wird angenommen, sei nun die Hirnaktivität welche man braucht um die Aufgabe zu lösen.
Wenn Sie darüber nachdenken, dann wird Ihnen auffallen, dass erstens diese Berechnungen durchaus als relativ grob betrachtet werden können und zweitens, der Forscher nie ganz sicher sein kann, ob zur Aufgabenlösung nicht auch bestimmte Teile aus der "Grundaktivität" notwendig sein könnten.
Da das Gehirn ständig aktiv ist, können auch nur besonders intensive Aktivitäten "herausgemessen" werden. Diese „Aktivierungslandschaften“ bildgebender Verfahren können trügerisch sein, denn sie bilden nur isolierte Spitzenwerte ab.Wenn nach einer Flut das „Landschaftspanorama“ betrachtet wird, so sieht man auch nur noch die „Spitzen“ der Berge. Wie die "Landschaft" in Wirklichkeit aussieht bleibt dabei verborgen.
Which remains then, is now the brain activity which one needs around the task to solve. If you think about it, then you will notice that first of all these computations can be quite regarded as relatively rough. Secondly, researchers cannot be sure whether it could be necessary for problem solving to include certain parts from the "basic activity".
Since the brain is constantly active, also only particularly intensive activities can be "out-measured". These "activation landscapes" of picture-giving procedures can be deceitful, because they show only isolated peak values. It looks like you see after a tide the "landscape panorama", you can see only the "points" of the mountains. How the "landscape" looks in reality thereby remains hidden .
Detaillierte Informationen gibt es dazu im Buch von Stephan Schleim "Gedankenlesen":
"Bilder" vom Gehirn und was wirklich "dahinter" steckt....
Freitag, 28. März 2008
"Bilder" vom Gehirn und was wirklich "dahinter" steckt....
Sein Blick, geprägt durch seine Studiengebiete Philosophie, Psychologie und Informatik, ist per se "interdisziplinär". Sein Wissen aus der Informatik und Psychologie führt zu einer besonderen Kompetenz, Versuchsanordnungen in der kognitiven Neurowissenschaft zu konstruieren und zu analysieren. Das informationstheoretische Wissen sorgt dabei für ein vertieftes Verständnis des verarbeiteten Zahlenmaterials und seiner Bedeutung. Der philosophische "Blick" auf die Dinge, unterstützt das Ziel, Untersuchungsergebnisse zu verstehen und angemessen zu interpretieren.
Stephan Schleim sieht den Menschen nicht nur als "Untersuchungsobjekt" der Forschung selbst. Er denkt weiter und fragt sich z.B., inwieweit zufällige Befunde -entdeckt während des Forschungsprozesses - das Leben des Probanden verändern und wie man damit umgehen soll. Ihn interessiert neben seiner Forschung auch die damit verbundenen Konsequenzen (=>"Neuroethik"):
Wie ein Hirnscan das Leben verändern kann
Zufallsfunde - Was tun?
Neben vielen Fachartikeln hat er ein bislang einzigartiges und erschwingliches Buch (18€!) über die Hintergründe der neurowissenschaftlichen Forschung geschrieben:
Stephan Schleim
Gedankenlesen
Pionierarbeit der Hirnforschung. Vorw. v. Thomas Metzinger u. John-Dylan Haynes
Telepolis Verlag - 18€
ISBN: 9783935931489
Man möchte meinen, dass - angesichts seines breiten wissenschaftlichen Hintergrundes - Sprache und Inhalt zugleich hochwissenschaftlich und damit nicht leicht zugänglich sein könnten. Weit gefehlt: Der Wissenschaftsjournalist und Sachbuchautor Stephan Schleim, schafft den Spagat einer wissenschaftlich fundierten Analyse der neurowissenschaftlichen Theorie, seiner technischen Instrumente und deren Reichweite, verständlich darzustellen.
Bislang ist keines der einschlägigen Bücher im Detail auf die Grundlagen der Hirnforschung eingegangen. Neurowissenschaftler haben häufig Zusammenhänge zwischen Forschungsergebnissen und sozialen Faktoren suggeriert, ohne dass der interessierte Leser die Aussagekraft des Datenmaterials bislang überprüfen konnte. Diesen Aspekt greift Professor Thomas Metzinger (Philosoph) in dem ebenfalls lesenswerten Vorwort zu Stephan Schleim's Buch auf:
Er spricht von "Alarmisten", welche die Erkenntnisfortschritte dramatisieren und damit die mediale Aufmerksamkeit für ihre Hypothesen maximieren, von Missionaren als ideologische Trendsurfer, welche Werbung für das machen, woran sie glauben und von jenen, welche mit ihren "Gedankenlesetechnologien" Geld verdienen wollen. Er kommt zu dem Schluss, dass hier interdisziplinäres "Orientierungswissen" gebraucht wird. Und genau dies bietet das Buch "Gedankenlesen".
Regelmässig leiten verschiedene Forscher aus denselben Daten gegenteilige Hypothesen ab. Zum Beispiel das legendäre "Libet-Experiment": manche hielten es für einen Beweis, andere für eine Widerlegung der Willensfreiheit....
Auf dem deutschen Buchmarkt, ist das Buch "Gedankenlesen - Pionierarbeit der Hirnforschung" bislang das einzige Buch welches über die Hintergründe der Hirnforschung so detailliert aufklärt.Ich würde den Inhalt des Buches in zwei Sätzen auf den Punkt bringen wollen:
"Ein Blick hinter die Kulissen der Neurowissenschaften - mit welchen Methoden und Versuchsanordnungen kommen Neurowissenschaftler zu ihren Ergebnissen?"
"Hinter die Kulissen" - damit meine ich Stephans Schleims Beschreibung der geschichtlichen Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschungsmethoden, wie z.B. das EEG, Lügendetektoren, PET und MRT.
Dabei wird nicht nur die wissenschaftliche Relevanz der Methoden zum Verständnis der Neurowissenschaft erläutert, sondern auch politische und ethische Fragen diskutiert. So erfährt der Leser, dass Hirnforscher oft selbst vor dem Problem stehen, zu verstehen, was ihre Ergebnisse bedeuten. Der Autor widmet sich den häufig vorhandenen Erklärungslücken zwischen den experimentellen Aufbauten einerseits und den gemessenen Phänomenen andererseits.
Stephan Schleim beantwortet diese Fragen und geht hier bis ins Detail. Er lässt uns Leser die einzelnen Schritte der Forscher vom Untersuchungsdesign bis zur Interpretation der Ergebnisse nachvollziehen. Er lässt uns verstehen, warum viel gelobte Techniken bei weitem nicht das halten können, was sie versprechen. Dennoch berichtet er auch über viele gute Seiten, was die moderne Hirnforschung z.B. für hirngeschädigte Patienten leistet und voraussichtlich noch leisten kann.
Mit dem Hintergrundwissen aus diesem Buch wandelt sich mancher Blick auf Ergebnisse, welche einige "Neurowissenschaftler" wieder als neue "bahnbrechende" Erkenntnis verkaufen (möchten)....
Das Buch "Gedankenlesen" füllt eine Marktlücke: es klärt den Leser darüber auf, was genau "hinter" den Ergebnissen steht und bietet ihm auf diese Weise die Möglichkeit, Ergebnisse aus der Neuroforschung eher in Richtung seines "Nutzens" und seiner "Seriosität" einordnen zu können.
Wer mitreden möchte, kommt daran nicht vorbei.... Selten habe ich ein Buch so "verschlungen" ;-)
Weiterführende Informationen, Aufsätze und Publikationen von Stephan Schleim:
- Blog von Stephan Schleim bei Brainlogs.de
Menschen-Bilder - Hirnforschung, Philosophie und Ethik - Homepage von Stephan Schleim
- Inhaltsangabe zum Buch "Gedankenlesen - Pionierarbeit der Hirnforschung"
- Leseproben: Vorworte Metzinger/ Haynes und Einleitungskapitel
- Stephan Schleim: Gedankenlesen mit dem Hirnscanner im Spiegel
- Der "selbstkritische" Stephan Schleim ;-): Errata des Buches auf der Homepage
Neue Züricher Zeitung "Der Traum vom Gedankenlesen" Rezension von Wolfgang Skandries
Die eindrücklichen bunten Bilder werden wohl von den meisten Laien nicht richtig verstanden, weil die technischen und statistischen Methoden, die ihnen zugrunde liegen, sehr kompliziert sind. (Zitat aus der Rezension)Hanoversche Allgemeine Zeitung: Die Gedanken zu fassen bekommen
Sind Gedanken lesbar? Steht uns eine Gedankenkontrolle bevor? Wie zuverlässig sind Lügendetektoren? Lassen sich verborgene Absichten mittels Hirnforschung erkennen? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert das Buch „Gedankenlesen - Pionierarbeit der Hirnforschung“.Frankfurter Allgemeine: "Was geht hinter dieser Stirn bloß vor" Rezension von Helmut Mayer
Wie realistisch ist die Verheißung eines maschinellen „Gedankenlesens“? Ein Phänomen, von dem inzwischen oft zu lesen ist und das bereits einige Unternehmen dazu gebracht hat, Lügendetektoren auf der Basis von Hirnscans in Aussicht zu stellen. Ist es möglich, dass über kurz oder lang die neuronalen Signaturen von Gedanken sich entschlüsseln lassen? Und mit welchen technischen Anwendungen wäre zu rechnen, wenn solches Wissen tatsächlich in Reichweite rückte?