Der Physiologe Bois-Reymond (1818-1896) war zutiefst davon überzeugt, den Menschen werde für immer verschlossen bleiben, "wie sie zu denken vermögen" - sprich, die höheren Funktionen ihres Gehirns seien prinzipiell nicht zu enträtseln.
Auch heute noch sind manche Philosophen dieser Ansicht. Die meisten Neurowissenschaftler jedoch gehen davon aus, dass sich die Hirnfunktion zumindest weitgehend entschlüsseln lässt, und versuchen, mit ihren Untersuchungen diesem Fernziel Schritt für Schritt näher zu kommen. Schon heute haben sie ein beeindruckendes Wissen über unser Gehirn angehäuft.
Das Spektrum-Dossier "Faszinierendes Gehirn" gibt einen Einblick in unser faszinierendes Denkorgan.
Im Kopf herrscht niemals Ruhe
Wenn wir dösen oder tagträumen, schaltet sich das Gehirn keineswegs ab, sondern behält ein hohes Maß an Hintergrundaktivität bei. Diese scheint bei manchen neurologischen Erkrankungen verändert zu sein
Die zwei Seiten unseres Gehirns
Beide Hemisphären unterschiedlich zu nutzen, ist keine Neuerfindung des Menschen. Schon Fische schnappen sich Beute oft nur auf ihrer rechten Seite
Neuronales Origami
Die Windungen der Hirnoberfläche sind schlicht das Ergebnis mechanischer Kräfte durch Nervenfaserbündel
Unterschätzte weiße Hirnmasse
Die weiße Substanz besteht aus langen Nervenfasern, die oft weit entfernte Hirngebiete miteinander verknüpfen. Nach neuen Erkenntnissen hat sie wichtige Aufgaben, etwa beim Lernen oder bei der Entstehung von Selbstkontrolle
"Sie sind doch Ihr Gehirn – wer sonst?"
Max-Planck-Direktor Wolf Singer über die Arbeitsweise des Hirns und die Folgen für unser Weltbild
Die Erleuchtung des Gehirns
Eine raffinierte neue Technik, die Optogenetik, erlaubt Wissenschaftlern, neuronale Schaltkreise höchst präzise zu kartieren – und sogar gezielt anzusteuern
Sein oder Nichtsein
Tag für Tag entstehen neue Nervenzellen in unserem Denkorgan, doch die meisten sterben bald wieder ab. Offenbar überleben nur solche Neurone, die bei besonders anspruchsvollen Lernaufgaben gefordert sind
Wie Zauberer mit der Wahrnehmung spielen
Illusionisten machen sich seit Jahrhunderten Schwachpunkte in der Arbeitsweise unseres Gehirns zu Nutze. Neurowissenschaftler können von ihnen einiges lernen
Log-in ins Gehirn
Laut manchen Spekulationen werden wir eines Tages Informationen direkt in unser Gedächtnis laden und Maschinen nur mit der Kraft unserer Gedanken beherrschen können. Einfache Schnittstellen, die Hirnsignale erfassen und mit ihnen Geräte steuern, existieren bereits. Wohin geht die Reise?
Doping fürs Denken
Werden wir künftig zum Frühstück eine Pille einwerfen, um Konzentration und Gedächtnis zu steigern? Geht das überhaupt, ohne langfristig das Gehirn zu schädigen? Dieses Thema fordert Neurowissenschaftler und Ethiker gleichermaßen heraus. Ergänzend zum Artikel erläutert die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert im Interview die moralischen Fallstricke rund ums pharmakologische Hirndoping.
82 Seiten, ISBN 978-3-941205-71-0, €8,90